Hohensalza (Posen)

Location of Inowrocław in Poland Im Rahmen der ‘Eindeutschung’ hießen Stadt und Kreis Inowraclaw (ehemals Jungleslau) seit 1904 ‘Hohensalza’. Die im äußersten Nordosten der Provinz Posen liegende und ca. 30 Kilometer südwestlich von Thorn entfernte Stadt Inowroclaw mit derzeit ca. 72.000 Einwohnern liegt in der polnischen Woiwodschaft Kujawien-Pommern (Ausschnitte aus hist. Karten, aus: wikiwand.com und Kartenskizze 'Polen' mit Inowraclaw rot markiert, K. 2005, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0).

 

Bereits im 14.Jahrhundert besaßen Juden das Recht der Niederlassung in Hohensalza; ihre Zahl muss zu Beginn des 16.Jahrhunderts schon recht groß gewesen sein, wie Steuer- und Abgabenlisten der Stadt beweisen. Wahrscheinlich zählte damals die jüdische Gemeinde Hohensalzas zu den bedeutenderen in Großpolen. Während des Schwedisch-Polnischen Krieges von 1655 bis 1660 hatte die dortige Judenschaft unter der marodierenden Soldateska schwer zu leiden; auch ihr Wohnbereich, der sich entlang der östlichen Stadtmauer befand, wurde von schwedischen Truppen in Brand gesetzt. Die Juden Hohensalzas waren mit Privilegien der Landesherrschaft ausgestattet. Sie durften Handel aller Art treiben, was aber den Widerstand der Stadtoberen hervorrief. Sie handelten vor allem mit Tuch-, Woll- und Seidenwaren, und ihre Beziehungen reichten weit über die Region hinaus; daneben gab es in der Stadt aber auch in ärmlichen Verhältnissen lebende Hausierer.

Mit Beginn der preußischen Herrschaft 1773/1774 verschlechterten sich die Lebensbedingungen der schon verarmten Judenschaft, denn gemäß einem königlichen Dekret mussten jährlich mindestens 40 sozial schwache Familien die Stadt verlassen. Zudem vernichtete 1775 ein Großbrand das "Judenviertel". Um sich wieder wirtschaftlich zu regenerieren, wurden den Hohensalzaer Juden von der preußischen Regierung zeitlich begrenzte finanzielle Erleichterungen zugestanden.

Ab Ende des 18.Jahrhunderts wandten sich dann immer mehr Juden Hohensalzas von polnischen ‚Sitten’ ab und nahmen zunehmend deutsche Bildung an; besonders in den wohlhabenden Familien verschwand das Analphabetentum. In den 1840er Jahren konnte jeder jüdische Junge lesen und schreiben.

Während der napoleonischen Zeit litt die gesamte Bürgerschaft Hohensalzas unter den kriegsbedingten Lasten; vor allem der Judenschaft wurden hohe Steuern aufgebürdet.

Im Jahre 1831 brach im "Judenviertel", in dem die Menschen in sehr beengten und unter mangelhaften hygienischen Bedingungen lebten, eine Cholera-Epidemie aus; mehr als 120 Juden fanden den Tod. Weit vor der Stadt wurden sie auf dem ‚Cholerafriedhof’ beerdigt.

Die unmittelbar nach dem großen Stadtbrand von 1775 erbaute Synagoge war während der Kriegsjahre von fremden Truppen als Magazin zweckentfremdet worden und hatte dadurch sehr gelitten. Deshalb ließ die Gemeinde - nach langem Hin und Her - an gleicher Stelle einen Synagogenneubau errichten, der im September 1836 eingeweiht wurde. Im Sommer 1884 brachte man auf dem Synagogengebäude eine Kugel an, in der sich ein Schriftstück befand, das über die damalige Situation der großen Gemeinde Auskunft gab; darin hieß es u.a.:

„ ... Die hiesige Synagogengemeinde Inowrazlaw, früher auch ‘Leslau’ genannt, ist eine uralte Gemeinde, die nach Jahrhunderten zählt. ... Alte Friedhöfe, Grabsteine, Dokumente u.a.m. zeugen für das hohe Alter der Gemeinde. Dieselbe war und ist bis auf den heutigen tag eine streng konservative, und es ist als besonders rühmenswert hervorzuheben, daß innerhalb der Gemeinde keine öffentliche Sabbathentweihung anzutreffen ist. Die Gemeinde zeichnet sich ferner aus durch Friedensliebe, Einigkeit, was in unseren Tagen bei der Verschiedenheit der Gesinnungen inbezug auf Religion nicht überall der Fall ist. In der Gemeinde herrscht im allgemeinen Wohlstand, teilweise Reichtum, wenn auch die Armut ziemlich stark vertreten ist. ... An Gebäuden besitzt die Gemeinde eine Synagoge, ein Beth-Hamidrasch, ein rituelles Badehaus, verbunden mit zwei Wohnungen für Kultusbeamte, einen alten, geschlossenen, einen noch offenen, aber bald zu schließenden und einen neuen, bald zu eröffnenden Friedhof. ... Die Gemeinde Inowrazlaw lebt unter der glorreichen Regierung Sr. Majestät des Kaisers und Königs Wilhelm I. politisch vollständig gleichberechtigt mit den übrigen Bürgern des Landes. ...“

25 Jahre später konnte die jüdische Gemeinde, die inzwischen aus Hunderten von Familien bestand, einen Neubau einweihen.

Über die Einweihung berichtete die „Zeitschrift des Centralvereins deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens” wie folgt:

Hohensalza, 4. Oktober (1908). Der feierlichen Einweihung der hier neuerbauten Synagoge haben Oberpräsident v. Waldow, Regierungspräsident Dr. von Günther, Landrat Dr. Buresch, die beiden Bürgermeister ... beigewohnt. Nachdem der Oberpräsident mit anerkennenden Worten dem Rabbiner Dr. Kohn den ihm verliehenen Roten Adlerorden IV. Klasse übergeben hatte, betraten die Festgäste unter den Klängen der Hymne: ‘Die Himmel rühmen des Ewigen Ehre’ die Synagoge. Dann folgten verschiedene Psalmen. ... Die Festrede des Rabbiners Dr. Kohn behandelte den Text:’ Wie Ehrfurcht erbietend ist dieser Ort; das ist nichts anderes, denn ein Gotteshaus, und hier ist die Pforte des Himmels.’ An die Feier schloß sich ein Festmahl, bei dem der Oberpräsident das Hoch auf Se. Majestät ausbrachte. Die Gäste begrüßte der Vorsitzende des Vorstandes, Stadtrat Salomonsohn, indem er dem Oberpräsidenten den Dank der Gemeinde für sein Erscheinen aussprach ...

(aus: „Im Deutschen Reich - Zeitschrift des Centralvereins deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens”, Heft 11/1908)

                             Synagoge in Hohensalza (hist. Postkarte)

Der jüdische Friedhof an der Georgenstraße wurde bereits im 16.Jahrhundert angelegt; der älteste lesbare Grabstein trägt die Jahreszahl 1591. Nach Belegung des alten Areals wurde bis gegen Ende des 19.Jahrhunderts ein anderes Bestattungsgelände genutzt; anschließend wurde ein neuer (dritter) Friedhof eingeweiht.

Cmentarz zydowski w Inowroclawiu (zdjecie z kolekcji Yorama Gruenspana) Jüdischer Friedhof Hohensalza (aus: Sammlung Yoram Gruenspana, kirkuty.xip.pl)

Juden in Hohensalza (Inowraclaw):

         --- 1564 .........................   162 Juden,

    --- 1647 .........................   402   “   (ca. 20% d. Bevölk.),

--- 1773 ..................... ca.   200 jüdische Familien (ca. 800 Pers.),

    --- 1785 .........................   137   “         “    ,

    --- 1788 .........................   665 Juden (ca. 50% d. Bevölk.),

    --- 1799 .........................   604   “  ,

    --- 1805 .........................   996   “  ,

    --- 1809 ......................... 1.181   “  ,

    --- 1816 ......................... 1.265   “   (ca. 40% d. Bevölk.),

    --- 1833 ......................... 1.940   “  ,

    --- 1856 ......................... 2.300   “   (ca. 500 Familien),

    --- 1875 ......................... 1.625   “  ,

    --- 1890 ......................... 1.635   “  ,

    --- 1900 ......................... 1.389   “  ,

    --- 1905 ......................... 1.158   “  ,

    --- 1920 .........................   264   “  ,

    --- 1939 ..................... ca.   200   “  .

Angaben aus: Heppner/J.Herzberg, Aus Vergangenheit und Gegenwart der Juden und ..., S. 439, 445 und 488

und                  Inowroclaw, in: sztetl.org.pl

Friedrichstraße (hist. Postkarte, um 1920)

                                                                   Kleines jüdisches Geschäft (Aufn. aus: sztetl.org.pl)

 

Um 1900 bestanden zahlreiche jüdische Vereine in der Stadt.

„... Die Juden Hohensalzas sind zu allen Zeiten in hervorragender Weise für das Deutschtum eingetreten, trotzdem ihre oft aufopfernde Tätigkeit in dieser Hinsicht nicht immer die gebührende Anerkennung gefunden hat. Als das Streben dahin ging, den Namen der Stadt ‘Inowrazlaw’ in ‘Hohensalza’ umzuwandeln, hatten sie mancherlei Anfeindungen von Seiten der polnischen Bevölkerung zu erfahren....” (aus: A.Heppner/J.Herzberg, Aus Vergangenheit u. Gegenwart der Juden und der jüdischen Gemeinden in den Posener Landen, S. 490)

Gegen Kriegsbeginn wurde die Synagoge zerstört.

                                            Zerstörte Synagoge (hist. Aufn. 1940)

Die jüdische Bevölkerung musste sich den Zwangsmaßnahmen der deutschen Besatzungsbehörden unterwerfen. Während die meisten Männer inhaftiert und zu Zwangsarbeiten eingesetzt waren, wurden Frauen und Kinder in mehreren Transporten deportiert; Ziel war die Region Gnesen und Kruschwitz. Zu Beginn des Jahres 1940 lebten bereits keine Juden mehr in Hohensalza. Im Regierungsbezirk Hohensalza richteten die deutschen Besatzungsbehörden mehrere kleinere Ghettos ein, deren Insassen Zwangsarbeiten verschiedenster Art ausüben mussten.

 

Nach Kriegsende kehrten nur wenige jüdische Überlebende in die Stadt zurück.

Im Jahre 2012 wurde auf dem Kommunalfriedhof in der Marcinkowski-Straße feierlich ein Lapidarium enthüllt, das an die verstorbenen ehemaligen jüdischen Einwohner der Stadt erinnert; es ist aus zahlreichen Grabsteinfragmenten erbaut, die bei Sanierungsarbeiten aufgefunden worden waren.

Cmentarz zydowski w Inowroclawiu Jewish cemetery Hohensalza Lapidarium (Aufn. K. Bielawski, aus: kirkuty.xip.pl)

 

 

 

In der westlich von Hohensalza gelegenen Kleinstadt Pakosch (poln. Pakosc, derzeit ca. 5.700 Einw.) soll bereits in der Mitte des 16.Jahrhunderts eine jüdische Gemeinde existiert haben, die über Synagoge, Schule und Friedhof verfügte. Während des polnisch-schwedischen Krieges löste sich die Gemeinde auf, nachdem auch die gemeindlichen Einrichtungen durch marodierende Truppen zerstört waren. Erst zu Beginn des 19.Jahrhunderts ließen sich erneut jüdische Familien in Pakosch nieder und gründeten in den 1830er Jahren wieder eine Gemeinde. Wenige Jahre später legte man einen Friedhof an. Seit 1904 gab es eine neue Synagoge, die einen älteren maroden Holzbau ersetzte.

Juden in Pakosch:

    --- 1834 .........................  89 Juden,

    --- 1849 ......................... 112   “   (ca. 11% d. Bevölk.),

    --- 1858 ......................... 143   “   (ca. 13% d. Bevölk.),

    --- 1885 ......................... 139   “ ,

    --- 1895 ......................... 163   “ ,

    --- 1900 ......................... 132   “ ,

    --- 1910 .........................  61   “   (ca. 2% d. Bevölk.),

    --- 1920 .........................  42   “ ,

    --- 1935 .........................  25   “ .

Angaben aus: Pakosc, in: sztetl.org.pl

In den 1920er Jahren war die inzwischen stark dezimierte Gemeinde in Auflösung begriffen; 1933 datiert deren offizielles Ende. Das gemeindliche Eigentum ging in den Besitz der Hohensalzaer Gemeinde über. Ende 1939 lebten keine Juden mehr in Pakosch.

 

 

 

Erste Hinweise auf jüdische Siedlungstätigkeit in Argenau (poln. Gniewkowo, derzeit ca. 7.200 Einw.) – wenige Kilometer nordöstlich von Hohensalza gelegen - stammen aus der Zeit um 1760. Waren zunächst die hiesigen Juden mit der Gemeinde von Hohensalza verbunden, so bildeten sie um 1830/1835 eine autonome Gemeinde mit eigener Satzung. Ein erster Synagogenbau stammte von 1820; ein Nachfolgebau wurde 1889 eingeweiht.

Bereits um 1790/1800 war ein Friedhof angelegt worden.

Juden in Argenau:

    --- 1774 ........................   21 Juden,

    --- 1804 ........................    8   “  ,

    --- 1816 ........................   45   “  ,

    --- 1858 ........................  182   “   (ca. 10% d. Bevölk.),

    --- 1867 ........................  160   “  ,

    --- 1880 ........................  170   “  ,

    --- 1895 ........................  101   “   (ca. 4% d. Bevölk.),

    --- 1900 ........................  113   “  ,

    --- 1910 ........................   88   “   (ca. 2% d. Bevölk.),

    --- 1925 ........................   21   “  ,

    --- 1935 ........................   22   “  .

Angaben aus: Gniewkowo, in: sztetl.org.pl

Gegen Ende des 19.Jahrhunderts setzte die Abwanderung jüdischer Familien aus der Ortschaft ein. Anfang der 1930er Jahre löste sich die Gemeinde auf; verbliebene Angehörige schlossen sich der Hohensalzaer Gemeinde an. Das Gemeindevermögen fiel ebenfalls an Hohensalza. Nach Kriegsbeginn wurden 14 jüdische Bewohner deportiert.

Auf dem Gelände des zerstörten jüdischen Friedhofs befindet sich heute ein Tennisplatz.

vgl. Argenau (Posen/Wartheland)

 

 

 

In Kruschwitz (poln. Kruszwica, derzeit ca. 9.000 Einw.) – ca. 15 Kilometer südlich von Hohensalza – bildete sich aus Zuwanderern zu Beginn des 19.Jahrhunderts eine israelitische Gemeinde, die zunächst der von Hohensalza angeschlossen war. Ab den 1830er Jahren war sie dann autonom. Die Kruschwitzer Juden waren zumeist Händler. Seit 1858 verfügte die Gemeinde über eine neue Synagoge.

Juden in Kruschwitz:

    --- 1812 .......................  21 Juden,

    --- 1849 ....................... 123   “  (ca. 23% d. Bevölk.),

    --- 1858 ....................... 103   “  (ca. 18% d. Bevölk.),

             ................... ca. 200   “  ,*      * gesamte Gemeinde

    --- 1867 ....................... 106   “  ,

    --- 1885 .......................  62   “  ,

    --- 1895 ....................... 101   “  (ca. 5% d. Bevölk.),

    --- 1905 .......................  91   “  ,

    --- 1921 .......................  23   “  ,

    --- 1939 .......................  21   “  .

Angaben aus: Kruszwica, in: sztetl.org.pl

Infolge Abwanderung unmittelbar nach Ende des Ersten Weltkrieges war die Kruschwitzer Gemeinde bis auf wenige Familien geschrumpft, so dass ein Gemeindeleben nicht mehr möglich war. Deshalb schlossen sich die wenigen verbliebenen Juden der Hohensalzaer Gemeinde an. Bei Kriegsbeginn hatten vermutlich alle jüdischen Bewohner ihr Dorf verlassen. 1940/1941 wurde das Synagogengebäude teilzerstört.

 

 

 

In der ca. 20 Kilometer südlich Hohensalzas gelegenen Ortschaft Strelno (poln. Strzelno, derzeit ca. 6.000 Einw.) sind Juden seit der ersten Hälfte des 18.Jahrhunderts nachweisbar. Die Ortschaft war bis 1772 im Besitz eines Klosters, die die Niederlassung von Juden an deren Konvertierung zum katholischen Glauben knüpfte; hiervon machten nur wenige Familien Gebrauch. Als dann Strelno preußisch und das Klosterbesitz säkularisiert wurde, wurden nun vermehrt Juden hier ansässig. Waren sie zunächst der jüdischen Gemeinde von Hohensalza angeschlossen, begann sich in den 1820er Jahren hier eine eigene Gemeinde zu bilden. Innerhalb nur weniger Jahrzehnte gehörten dieser mehr als 500 Personen an; die jüdischen Familien stellten damit etwa ein Fünftel der Gesamtbevölkerung. Im Jahre 1844 wurde in der Poststraße eine Synagoge errichtet, die einen aus den 1820er Jahren stammenden Betsaal ersetzte.

Juden in Strelno:

    --- 1779 ........................  29 Juden,

    --- 1812 ........................  41   “  ,

    --- 1831 ........................ 119   “  (ca. 7% d. Bevölk.)

    --- 1849 ........................ 405   “  (ca. 16% d. Bevölk.),

    --- 1860 ........................ 538   “  (ca. 19% d. Bevölk.),

    --- 1885 ........................ 431   “  ,

    --- 1895 ........................ 276   “  (ca. 6% d. Bevölk.),

    --- 1905 ........................ 151   “  ,

    --- 1913 ........................ 141   “  ,

    --- 1921 ........................  61   “  (ca. 1% d. Bevölk.),

    --- 1933 ........................  50   “  .

Angaben aus: Strzelno, in: sztetl.org.pl

Ab den 1870er Jahren verringerte sich die Zahl der Gemeindeangehörigen deutlich. Als Strelno zum polnischen Staatsgebiet kam, war die einst zahlenmäßig große Gemeinde zur Bedeutungslosigkeit herabgesunken. Die Inkorporierung in die Hohensalzaer Gemeinde (1932) bedeutete das Ende der jüdischen Gemeinde Strelno.

Im Zweiten Weltkrieg wurden Friedhof und Synagoge zerstört. Am Gebäude der früheren jüdischen Schule erinnert seit 2007 eine Gedenkplatte. Auf dem Areal des jüdischen Friedhofs erinnern nur wenige Steinrelikte an die einstige Gemeinde.

Albert Abraham Michelson wurde 1852 in Strelno als Sohn jüdischer Eltern geboren. Als er zwei Jahre alt war, wanderte die Familie in die USA aus. Nachdem er zunächst eine Ausbildung in der US-Marine gemacht hatte, begann seine universitäre Karriere. Auf dem Gebiete der Physik (Messung der Lichtgeschwindigkeit) machte er sich bald einen Namen. Als erster Amerikaner erhielt er 1909 den Nobelpreis für Physik. Abraham Michelson starb 1931 in Kalifornien.

vgl. Strelno (Posen)

 

 

 

Gegen Ende des 18.Jahrhunderts ließen sich die ersten jüdischen Familien in Mogilno (poln. Mogilno, derzeit ca. 12.000 Einw.) – einige Kilometer westlich von Strelno - nieder. Etwa vier Jahrzehnte später bildete sich eine autonome Gemeinde, die 1834 ihre Statuten verfasste. Die Anlage ihres Friedhofs geschah etwa zeitgleich. Fanden gottesdienstliche Zusammenkünfte zunächst in angemieteten Beträumen statt, errichtete die Gemeinde – sie hatte gegen Ende des 19.Jahrhunderts mit ca. 200 Angehörigen ihren personellen Zenit erreicht - 1902 ein Synagogengebäude. Die Kinder erhielten Unterricht in einer eigenen Schule.

Juden in Mogilno:

    --- 1808 .......................  17 Juden,

    --- 1849 ....................... 150   “  (ca. 11% d. Bevölk.),

    --- 1858 ....................... 126   “  ,

    --- 1885 ....................... 189   “  ,

    --- 1895 ....................... 173   “  (ca. 5% d. Bevölk.),

    --- 1905 ....................... 148   “  ,

    --- 1921 .......................  62   “  ,

    --- 1931 .......................  16   “  .

Angaben aus: Mogilno, in: sztetl.org.pl

In den Jahren nach Ende des Ersten Weltkrieges verließen die meisten jüdischen Familien den Ort. Etwa zehn Jahre später löste sich die jüdische Gemeinde auf. Die wenigen in Mogilno verbliebenen Juden wurden im September 1939 Opfer der deutschen Okkupation. Die Synagoge und der im 19.Jahrhundert angelegte Friedhof wurden zerstört.

Seit 2006 erinnert eine zweisprachige Inschriftentafel an die ehemalige Synagoge und die brutale Ermordung von 16 jüdischen Bewohnern.

Anm.: Im Herbst 1942 existierte in Mogilno kurzzeitig ein Zwangsarbeiterlager für jüdische Frauen.

 

 

 

Weitere Informationen:

Adolf Warszauer, Geschichte der Stadt Pakosch, Posen 1905.

A.Heppner/J.Herzberg, Aus Vergangenheit und Gegenwart der Juden und der jüdischen Gemeinden in den Posener Landen, Koschmin - Bromberg 1909, S. 429 – 491

Gniewkowo - Kruszwica - Mogilno - Strzelno, in: sztetl.org.pl

Inowrocław, in: kirkuty.xip.pl